Infoblatt 02/2023
Eine Brücke aus dem „Metallbaukasten“ von Schaper
Die Älteren von uns kennen sicherlich noch die klassischen Metallbaukästen, die in früheren Jahrzehnten (fast) jeder Schuljunge besaß. Dabei hatte man vorgefertigte und bereits vorgebohrte Blechprofile in unterschiedlichen Längen (auch in abgewinkelter Form und als durchgehende Winkelprofile), die man mit kleinen Schräubchen zusammenfügen konnte. Ergänzt wurde dieses Sortiment mit Steckachsen, Rollen und Rädern (inkl. Gummi-Bereifung) sowie in Zusatzbaukästen auch mit Zahnrädern und keinen Elektromotoren. Dabei kannte die Phantasie keine Grenzen, um draus z. Bsp. einen Kran, einen Traktor oder auch eine Blumenbank als kleine Weihnachtsüberraschung für die Oma zu basteln. War der Spiel-Spaß irgendwann zu Ende, so ließen sich die fertigen Produkte jederzeit wieder demontieren, um aus den verfügbaren Teilen etwas völlig Neues zu basteln.
Einen solchen Metallbaukasten hatte möglicherweise auch der Brückenbauingenieur Gottwalt Schaper (1873-1942) als anerkannter Experte aus dem Stahlbrückenbau im Hinterkopf, als er im II. Weltkrieg zusammen mit der Friedrich Krupp AG eine standardisierte Fachwerkbrücke für die Deutsche Reichsbahn, die sog. „Schaper-Krupp-Reichsbahnbrücke“ (SKR), entwickelte. Hauptabnehmer war dabei natürlich zunächst die Hitler-Wehrmacht, wurden doch vor allem im Expansionskrieg gen Osten ständig Eisenbahnbrücken zerstört, die unter Kriegsbedingungen in kürzester Zeit wieder aufgebaut werden mussten. Schaper verwendete deshalb Standard-Fachwerkträger nach einem festen Rastermaß (SKR3 = 3,00 m bzw. SKR6 = 6,00 m), die an jeder x-beliebigen Stelle einer solchen Brücke montiert und fest eingebaut werden konnten. Da diese Arbeiten auch von normalen Frontsoldaten ohne entsprechende Fachkenntnisse im Stahl- und Brückenbau durchgeführt werden mussten, erfolgte die Montage der Stahlträger dabei mit sog. „rohen“ Schrauben, die ohne besondere Spezialwerkzeuge mit jedem herkömmlichen Schraubenschlüssel dauerhaft festgezogen werden konnten.
Auch nach dem II. Weltkrieg kamen sog. SKR-Brücken als Behelfsbrücken vielerorts zum Einsatz, um vor allem Kriegsschäden an der schwer zerstörten Infrastruktur zu beseitigen. Allein zwischen 1945 und 1950 wurden deutschlandweit 39 Brücken mit einer Gesamtlänge von 5.200 Metern eingebaut. Die letzte SKR-Brücke wurde erst 1991 (!) über den Teltowkanal in Berlin errichtet, da entsprechende Teile auch noch sehr lange von der Deutschen Reichsbahn für mögliche Havariefälle sowie für notwendige Baubehelfe vorgehalten wurden. [Quelle Wikipedia]
Das bekannteste derartige Bauwerk in Magdeburg war dabei die am 29. April 1946 wiedereröffnete innerstädtischen Strombrücke mit dem Trägersystem SKR3, wobei die entsprechenden Bauteile damals „großzügig“ durch die siegreiche Sowjetarmee aus beschlagnahmten Wehrmachtsbeständen zur Verfügung gestellt wurden. Hintergrund dabei war jedoch nicht zuletzt die Tatsache, dass die Besatzungsmacht großes Interesse daran hatte, auch den durchgehenden Straßenbahnverkehr zwischen ihren innerstädtischen Stabsstellen und ihrer Hauptkommandantur am Margarethenhof östlich der Elbe zum frühestmöglichen Zeitpunkt wieder aufzunehmen, nachdem zuvor etwa in Achse der heutigen Strombrücke von den Alliierten bereits unmittelbar nach Kriegsende zunächst eine hölzerne Pionierbrücke auf Behelfsstützen errichtet worden war. Unser Foto aus dem Privatbestand von Thomas Sutol, aufgenommen in Blickrichtung Kleiner und Großer Werder, welches kürzlich auf den Facebookseiten „Zeitreisen Magdeburg“ geteilt wurde, lässt dabei die Geometrie dieser SKR3-Brücke, die noch bis zum Jahr 1965 wertvolle Dienste leistete, sehr gut erkennen. So gab es insgesamt 3 x 3 = 9 Überbauten mit einer Einzellänge von jeweils etwa 30,00 m, wobei die drei linken Joche ausschließlich dem Fußgängerverkehr dienten. Die drei mittleren und rechten Jochen boten dabei jeweils eine Fahrspur für den Straßenbahn- und Kfz-Verkehr. Da dieses Brückensystem zunächst vordergründig für den Eisenbahnbetrieb gedacht war, sollte der Leser an dieser Stelle wissen, dass die Regelbreite für ein Eisenbahnfahrzeug damals 3,10 m betrug. Rechnet man hier noch entsprechende seitliche Sicherheitsräume für Lademaßüberschreitungen sowie für die sog. „Hüllkurve“ von Eisenbahnfahrzeugen bei Bogenfahrt hinzu, so mussten die aufgehenden Träger folglich einen etwas größeren lichten Abstand gegenüber dem angegebenen Rastermaß von 3,00 m aufweisen, welches hier offensichtlich auf volle Meter gerundet war. Genaue Maße der Träger sind jedoch aus der einschlägigen Literatur nicht bekannt.
Nachdem in den zurückliegenden Jahren und Jahrzehnten bereits der Sternbrückenzug sowie die Zoll- und die Anna-Ebert-Brücke für unsere modular aufgebaute Modellstraßenbahnanlage nach historischem Vorbild entstanden sind, soll demnächst auch die an dieser Stelle vorgestellte Nachkriegs-Behelfsbrücke über die Stromelbe, verbunden mit dem Johannisberg und der Johanniskirche bis in den Bereich der damaligen Wilhelm-Pieck-Allee als neues Großprojekt in unseren Vereinsräumen entstehen.
Da bis zum Jahresende auch die aktuelle Verlängerung der Strombrücke mit der neuen Pylonbrücke in Betrieb gehen soll, ist dies für uns zugleich ein willkommener Anlass, um die wechselvolle Geschichte des Strombrückenzuges an Hand von ausgewählten Titelthemen in diesem Jahr noch einmal Revue passieren zu lassen. Mehr dazu, und natürlich auch einiges zu unserem neuen Großprojekt, in unseren nächsten Ausgaben. (CR)
Spur N ist im Kommen
Wie auch im jüngsten „Straßenbahn-Magazin“ bereits zu lesen war, haben ausgerechnet die Japaner von „Tomytec“ bereits zum Ende letzten Jahres einen Tatra-Straßenbahnwagen T3/T4 in den Städtevarianten Prag (T3) und Leipzig (T4D) in der Nenngröße N auf den Markt gebracht. Die Standmodelle für ca. 80 €, die auch den Einbau von einem Motorisierungssatz für etwa 50 € ermöglichen, sind weitgehend im Maßstab 1:160 gehalten, wogegen sonst in Japan ein Maßstab von 1:150 allgemein üblich ist. Der Breitenunterschied zwischen T3 und T4 (beim Vorbild = 300 mm) wurde bei den Modellen vernachlässigt, was jedoch bei dem sehr kleinen Maßstab sicherlich auch kaum ins Gewicht fallen sollte.
Man darf also weiterhin gespannt sein, was sich demnächst auf dem Markt entwickeln wird, wobei einige Neuheiten vielleicht auch schon bei der „Kleinen Bahn ganz groß“ in Halberstadt zu sehen sind. Quelle Internet / „Straßenbahn-Magazin“ Heft 2/2023 (CR)
Dank für die Grüße zum Jahreswechsel
Im Monat Dezember sind uns auch wieder zahlreiche Grüße und Wünsche zum Weihnachtsfest und zum Jahreswechsel von befreundeten Vereinen sowie von uns nahe stehenden Straßenbahnfreunden aus nah und fern zugegangen. Dazu an dieser Stelle auch nochmals ein herzliches Dankeschön. (CR)
Hauptwerkstatt Herrenkrugstraße / Fahrzeuge der MVB
Lt. „Traminfo“ (letzter Stand vom 06.01.2023) wurden nachstehende Wagen aktuell als „abgestellt gemeldet: Tw. 1330 und 1334 bis 1338 (alle NGT8D) sowie ferner Atw. 756 (T4D); Tw. 1336 dabei mit dem zusätzlichen Vermerk „abgestellt zur HU“. Tw. 1340 (NGT8D) ist nach erfolgter HU inzwischen wieder im Einsatz. Tw. 1274II (ex 1189; T4Dmod; zuletzt Winterdienstreserve) wurde ausgemustert und befand sich bereits im Dezember in Zerlegung in der HW Herrenkrugstraße. Bei den T6A2/B6A2 ist aktuell nur noch die Garnitur 1280+1281+2144 vornehmlich als Großzug auf der Linie 2 im Einsatz, wobei diese Garnitur auch im neuen Jahr weiterhin im Liniendienst beobachtet werden konnte. Die ex Berliner KT4D sind aktuell unter der Woche nach wie vor vornehmlich als Solotriebwagen auf unterschiedlichen Linien unterwegs.
Am 28.12.2022 kam es wegen einer Havarie an einer Weiche am Opernhaus zu einer längeren Betriebsunterbrechung im Nordabschnitt Breiter Weg, wobei als „Ersatzlinie E“ die beiden historischen Triebwagen 23II und 124II als Pendelwagen jeweils auf einem der beiden Gleise zum Einsatz kamen. In Anbetracht vom benachbarten Weihnachtsmarkt wurden diese Fahrten von den Fahrgästen auch sehr gut angenommen, wobei beide Triebwagen mit einbrechender Dunkelheit in Festbeleuchtung auch die historisch gewachsene Bummelmeile mit ihrer alljährlichen Lichterwelt sehr eindrucksvoll umrahmten. (CR)
Das Infoblatt erscheint im Auftrag des Vorstandes der Magdeburger Straßenbahnfreunde e. V.
Textbeiträge / Druck und Gestaltung: C. Rudhard (CR), M. Menz (MM).
Unser nächstes Infoblatt erscheint vsl. im Monat Oktober 2022.