Infoblatt 08/2025

Vor 100 Jahren: Ein lang ersehnter Lückenschluss am Hauptbahnhof
Als im Sommer 1941 der bekannte Straßenbahn-Fotograf Max Rieck in unserer Stadt unterwegs war und uns dabei einen einmaligen Fundus an Fotoaufnahmen aus dem noch weitgehend unzerstörten Magdeburg hinterlassen hatte, ließ er es sich dabei auch nicht nehmen, die beiden offenen Arbeitstriebwagen Nr. 509 (vorn) und 511 in der Bahnhofstraße abzulichten, die ca. 1934 aus der zuletzt verbliebenen Sonderreserve in den Arbeitswagenpark übernommen und anschließend der betriebseigenen Gleisbauabteilung zugeordnet worden waren; (Foto: Sammlung Jungbär). Nach nunmehr 16 Jahren Liegedauer war inzwischen auch die erste Grunderneuerung der Gleisanlagen auf der Verbindungsstrecke unmittelbar nördlich vom Bahnhofvorplatz fällig geworden.
16 Jahre zuvor, im August 1925, war mein Vater als heran wachsender Jugendlicher damals gemeinsam mit seinen Eltern vom sächsischen Torgau hier her nach Magdeburg umgezogen und hatte bei seinen ersten Erkundungen durch seine neue Heimatstadt diesen längst überfälligen Lückenschluss zwischen der früheren Kantstraße und der heutigen E.-Reuter-Allee noch persönlich erlebt und auch mir gegenüber sehr oft davon erzählt. Schließlich gab es ja bis zu diesem Zeitpunkt noch keine durchgehende Gleisverbindung vom Bahnhofsvorplatz in Richtung vom Kölner Platz, da der Hauptbahnhof bisher nur über die Blockumfahrung Kantstraße / Victoriastraße (später Straße am Alten Theater) an das Gleisnetz der Magdeburger Straßenbahn angebunden war. Ab dem 1. Dezember 1925 verkehrte schließlich auch die Linie 5 auf ihrem neuen Linienweg von der Leipziger Straße über die Otto-von-Guericke-Straße und den Hauptbahnhof zum Schlachthof (später H.-Gieseler-Halle), womit zugleich eine neue Dreiecksverbindung vom Hasselbachplatz über den Hauptbahnhof in die östliche Wilhelmstadt (heute Stadtfeld) entstanden war, die noch bis zum Juli 2015 tagtäglich zuletzt von der Linie 3 in einer fahrgastfreundlichen Taktfolge bedient worden war – und welche bereits unmittelbar nach dem Ende des II. Weltkriegs weitgehend die bisherige Linie 5 ersetzt hatte.
Die Aussagen in den bisherigen Magdeburger Straßenbahnbüchern, wonach die Linie 5 bereits mit der Eröffnung der Zweigstrecke von der Großen Diesdorfer Straße zum Schlachthof am 13. Mai 1924 diesen Linienweg genommen haben soll, sind definitiv falsch und beruhen hier offensichtlich aus Übermittlungsfehlern, zumal es inflationsbedingt ab ca. 1921 ständig wechselnde Linienführungen gab, die von den damaligen Chronisten auch nicht in jedem Fall immer vollumfänglich dokumentiert worden sind. Durch umfangreiche Recherchen in den heute noch verfügbaren Tageszeitungen aus der damaligen Zeit konnten wir jedoch inzwischen zahlreiche Lücken in der bisherigen Geschichtsschreibung schließen.
Richtig ist an dieser Stelle, dass die bereits am 1. Januar 1923 inflationsbedingt eingestellte Linie 5 am 13. Mai 1924 zunächst zwischen der Alten Neustadt und dem Schlachthof wieder eingeführt worden war, wobei es jedoch bereits ab dem 15. Oktober 1924 nur noch eine verkürzte Linienführung ab dem Alten Markt gab. Dafür hatten zwischenzeitlich bereits ab dem 1. Januar 1923 die Linien 9 (und später auch 11) mit wiederholt wechselnden Linienführungen die Leistungen auf der bisherigen Stammroute der Linie 5 zwischen der Leipziger Straße und der Alten Neustadt (inkl. der Verlängerung zum Industriegelände) übernommen. Auch der in dem bekannten Klaus-Günther-Buch (Schweers & Wall 1999) auf Seite 20 abgebildete Liniennetzplan unter der Jahresangabe 1924 bezieht sich hier eindeutig auf den Zeitraum ab dem 1. Dezember 1925 und zeigt hier auch bereits die Linien 9 und 11, von der Speicherstraße bzw. vom Industriegelände kommend, an ihrem neuen südlichen Endpunkt am Depot Sudenburg.
Wünschen wir uns an dieser Stelle, dass demnächst auch die Linie 3 auf ihrer zuletzt angestammten Route vom Klinikum Olvenstedt über den Hauptbahnhof und die Otto-von-Guericke-Straße zur Leipziger Chaussee wieder als feste Stammlinie eingeführt wird, um diese wichtige und auch überaus nachgefragte Dreiecksverbindung im unmittelbaren Innenstadtbereich zukünftig auch wieder angemessen zu bedienen. Auch der Stadtrat hat dies bereits im letzten Jahr mit großer Mehrheit so beschlossen, verbunden mit der Zielsetzung, dass künftig auch die Linie 9 dafür wieder in beiden Richtungen über den Breiten Weg verkehren sollte – und was sich hier auch sehr viele Magdeburger persönlich so wünschen. (CR)
Nochmals Mülheim an der Ruhr: AHN und KBGG
Unsere 35. Vorstandstagung der Arbeitsgemeinschaft Historischer Nahverkehr (AHN) fand vom 24.04. bis 27.04.2025 in Mülheim an der Ruhr in der sog. „Alten Dreherei“ statt, zugleich auch Austragungsort der diesjährigen „Kleinen Bahn ganz groß“ (KBGG) am 31.05. und 01.06.2025. Wir berichteten bereits in Info Ausgabe 06/2025; (siehe auch ausführliche Berichte im „Straßenbahnmagazin“ Ausgaben Nr. 03, 06 und 08/2025). Das Motto dieser Tagung war in diesem Jahr das Thema „Ausstellungskonzepte“. Mit den Grußworten vom Bürgermeister der Stadt Mülheim an der Ruhr und von der Geschäftsführung der Ruhrbahn GmbH wurde die Tagung eröffnet. Danach stellten sich die gastgebenden Vereine die VhAG EVAG e.V., die VhAG BOGESTRA e.V. und der Trägerverein vom Haus der Vereine in der Alten Dreherei e.V. vor. Alle Hochachtung gilt dem Trägerverein „Alte Dreherei“. Diese Veranstaltungshalle wird nicht nur von der Hobby-Straßenbahnern und -Eisenbahnern (inkl. Modelleisenbahnern) und von der AG Feldbahn genutzt, sondern auch vom ADFC, Künstlern, verschiedenen Automobilclubs und -gruppen, dem Fanfarencorps, Imkern, Lerngruppen, Rassekaninchen und -geflügelzüchtern, Oldtimerfreunden der Landtechnik, Puppenspielern, Traktoren- und Unimogfreunden und vielen anderen Vereinen.
In den Fachvorträgen der AHN-Tagung wurden die Themen der Ausstellungsgestaltungen und Konzepte der Straßenbahnmuseen, den Sammlungskonzepten, die schwierigen Bedingungen des 35-jährigen Berliner S-Bahn-Museums und auch die Jugend- und Nachwuchsarbeit behandelt. Vertieft wurden die Verträge von den letzten AHN-Tagungen zu den Themen: „Fahrschule und Lehrfahrerstunden bei den historischen Straßenbahnen“ sowie das AHN-Onlineforum. Die Tagung war ein guter Mix zwischen den Vorträgen, den Vorstellungen der Vereinsarbeiten und der Besichtigungen der Arbeitsräume der VhAG, den Rundfahrten mit den Straßenbahn- und Bus-Oldtimern sowie neuen Fahrzeugen durch das Ruhrgebiet. Unter anderem besichtigten wir die Ruhrbahn-Hauptwerkstatt in Essen, den Betriebshof Engelsburg in Bochum und die Bergische Museums-Bahn e.V. (BMB), die nach langer Schließzeit in diesem Jahr wieder ihren Betrieb aufnahm. Am Sonntag bestand der absolute Höhepunkt bei der Besichtigung der Wuppertaler Schwebebahn-Werkstatt in Vohwinkel.

Ein herzliches Dankeschön geht dabei an alle ausrichtenden Vereine, Verkehrsunternehmen und die Referenten aus den Teilnehmervereinen, die uns viele Eindrücke über Altes und Neues vermittelten. Die Glocke für die nächste AHN-Tagung wurde den Freunden der Bremer Straßenbahn e.V. für den 23.04. bis 26.04.2026 übergeben. Für das Jahr 2027 haben sich die Freunde aus Wien beworben. Über die KBGG werden wir in unserer nächsten Ausgabe noch einmal ausführlich berichten. An dieser Stelle schon einmal ein Foto mit dem Essener Triebwagen 888 und Beiwagen 350, der auf dem Betriebshof Mülheim-Rosendahl für die Sonderfahrt startbereit steht. Im Hintergrund befindet sich die Kulisse der „Alten Dreherei“. Die Aufnahme stellte uns freundlicherweise unser Vereinsfreund Stefan Naedler zur Verfügung. (JP / CR)
Neues von den MVB
Mit Beginn der großen Schulferien galt ab dem 30. Juni 2025 wieder (wie bereits in den Vorjahren) ein reduzierter Ferienfahrplan, wobei die alljährliche Ferienzeit auch in diesem Jahr wieder für die Durchführung von punktuellen Einzelbaumaßnahmen im Streckennetz genutzt wurde, dabei verbunden mit wiederholt wechselnden Linienführungen und etlichen Verkehrseinschränkungen. Dabei konzentrieren sich die Baumaßnahmen in diesem Jahr schwerpunktmäßig auf den Breiten Weg in Höhe Alter Markt, um dort endlich die Langsamfahrstelle mit zuletzt nur noch 5 km/h zu beseitigen. Ab dem 14. Juli 2025 verkehrten die Straßenbahnen der Linie 10 zwischen der Havelstraße in Rothensee und dem Barleber See endlich wieder völlig baustellenfrei auf einer durchgängig sanierten neuen Gleistrasse. Damit fand zugleich ein langjähriges Millionenprojekt seinen erfolgreichen Abschluss. Mit der Verkehrsfreigabe unter den zwischenzeitlich eingebauten Behelfsbrücken im Zuge der Ringüberquerung am Damaschkeplatz ist jetzt etwa Ende August zu rechnen.
„Flexity“ NGT10D Nr. 1402 wurde am 16. Juli 2025 erstmals im Fahrschuleinsatz im Innenstadtbereich beobachtet, wobei die Fahrschulausbildung inzwischen auf Hochtouren läuft. Nach aktuellen „Volksstimme“-Informationen dürfte ab September jetzt auch mit ersten planmäßigen Linieneinsätzen der neuen Fahrzeuge zu rechnen sein.
Unser Fahrschultriebwagen Nr. 701, zuletzt zunächst in einer neuen weißen Farbgebung mit grauer Schürze unterwegs, erhielt jetzt im Juli nachträglich eine sehr ansprechende grüne Eigenwerbung. (CR)
Straßenbahnfreunde laden zum öffentliche Themenabend ein
Unter dem Motto „Eine Zeitreise mit der Magdeburger Straßenbahn durch die 1950er bis 1970er Jahre“ wird uns Herr Rudhard am Freitag, dem 05. September 2025 ab 18:00 Uhr in der Gaststätte „Stadtfeldklause“ (Gr. Diesdorfer Straße 200) an Hand von Fotoaufnahmen interessante Einblicke in den Alltag im Leben mit unserer Straßenbahn zu längst vergangenen DDR-Zeiten vermitteln. Dabei besteht anschließend auch noch Zeit für einen gemütlichen Gedankenaustausch. Auch Gäste sind natürlich herzlich willkommen. Voranmeldungen (jedoch nicht Bedingung) bitte unter den unten stehenden Kontaktadressen. (CR)
Terminvorschau 2025
Unsere aktuell geplanten Termine und Ausstellungen für das Jahr 2025 finden Sie in unserer Terminvorschau.
Das Infoblatt erscheint im Auftrag des Vorstandes der Magdeburger Straßenbahnfreunde e. V.
Textbeiträge / Druck und Gestaltung: C. Rudhard (CR), J. Puchert (JP), M. Menz (MM).
