Infoblatt 08/2024

125 Jahre elektrisch durch Magdeburg (2)

Irgendwann kurz nach 1900 war dieser Dreiwagenzug der elektrischen Straßenbahn soeben am Endpunkt Herrenkrug angekommen, wobei die sommerlich gekleideten Herrschaften offensichtlich einen erlebnisreichen Nachmittag in Magdeburgs „erster Adresse“ verbringen wollten, verbunden mit einem Spaziergang im Park, Kaffee und Kuchen sowie dem Lauschen der damals üblichen Kaffeehausmusik im Musikpavillion vor dem dortigen Gesellschaftshaus oder Parkrestaurant. Diese Fotoaufnahme, die Axel Kühling farblich nachbearbeitet und auch im Facebook geteilt hatte, ist sicherlich vielen Straßenbahnfreunden bereits aus div. anderen Publikationen bekannt, wobei man jedoch oft nicht die näheren Details unbedingt im Einzelnen hinterfragt.

Nachdem bereits ab Anfang September 1900 für die beliebte Ausflugslinie erstmals am Rathaus auch eine geschlossene Blockumfahrung für die dort beginnenden Fahrten zur Verfügung stand, die die bisherige Kuppelendstelle auf dem Johanniskirchhof ersetzte, konnte an Schönwettertagen auf der späteren Linie 6 auch mit dichter Zugfolge gefahren werden, wobei hier vordergründig die sog. Schnellläufer-Triebwagen Nr. 1 bis 13 zum Einsatz kamen, die bereits werksseitig stärkere Fahrmotoren erhalten hatten, um somit bei Bedarf auch mi einem schweren Vierachsbeiwagen der ehemaligen Herrenkrug-Dampfbahn oder auch gleich mit zwei Beiwagen aus dem Bestand der ehemaligen Pferdebahnen die Steilrampe am Johannisberg hinunter und dann weiter über die Elbebrücken hinaus bis „ins Grüne“ zu befahren.

Über Beiwageneinsätze in der Anfangszeit des elektrischen Betriebes ist in den einschlägigen Chroniken leider sehr wenig zu lesen, so dass man hier in den damaligen Tageszeitungen gezielt nach entsprechenden Informationen suchen muss, die auch heute noch in Form von Mikrofilmen oder Scans in den örtlichen Archiven weitgehend vollständig vorliegen. Hier gilt mein ganz besonderer Dank einigen langjährigen Mitstreitern, die an dieser Stelle in mühevoller Kleinarbeit sehr viele Mosaiksteinchen zusammengetragen haben, die uns heute auch einen völlig anderen Blick in die Zeit vor ca. 125 Jahren vermitteln.

Wie bereits in unserer Ausgabe 06/2024 berichtet, gab es Einsatze mit Anhängewagen aus dem Bestand der ehemaligen Pferdebahnen erstmals bereits am 15. September 1899 auf den West-Ost-Linien, wo wir in diesem Zusammenhang auch ein entsprechendes Foto eingestellt hatten.

Am 12. April 1900 schrieb die „Volksstimme“: „Auf der Strecke Buckau – Alte Neustadt sind am Dienstag die offenen Sommerwagen als Anhängewagen zum erstenmal in diesem Jahre in Betrieb gesetzt worden.“ Bereits einen Tag später, am 13. April 1900, war in der „Volksstimme“ zu lesen: „Die Straßenbahn beabsichtigt, sogenannte Straßenbahnzüge, bestehend aus einem Motorwagen und zwei Anhängewagen, die hauptsächlich für die Arbeiter bestimmt sind, in den Mittags- und Abendstunden, wo der Andrang von Arbeitern namentlich in Buckau recht groß ist, auf der Linie Buckau – Alte Neustadt verkehren zu lassen. Auch in den Osterfesttagen sollen in den verkehrsreichen Stunden, wo es angängig ist, zwei Anhängewagen benutzt werden.“

Neben unserem heutigen Titelfoto liegt mir persönlich auch ein Foto von einem solchen Dreiwagenzug auf dem Breiten Weg in Höhe der Katharinenkirche vor, bei dem es sich offensichtlich um einen Planeinsatz mit Fahrgästen handelte, wobei jedoch leider keine Linienkennung zu erkennen ist. Auch Ralf Kozica von der IGNah hatte die Leser vom „Straßenbahn-Magazin“ bereits im letzten Jahr mit einem Foto aus dem Nachlass von dem früheren Straßenbahn-Direktor Carl Heßler überrascht, auf dem der vierachsige Maximumtriebwagen Nr. 116 mit zwei Anhängewagen aus dem Bestand der ehemaligen MSEG-Pferdebahn am Endpunkt Westfriedhof zu sehen ist, wobei es sich hierbei offensichtlich nur um eine Probefahrt handelte, da derartige Einsätze im Plandienst bisher an keiner Stelle dokumentiert sind.

Abschließend sei an dieser Stelle noch die folgende Frage gestattet: Worum handelte es sich bei der Kabeldose, die auf dem Foto von dem Beiwagen Nr. 230 unmittelbar unter der Wagennummer zu erkennen ist? War dies eine Lichtsteckdose oder möglicherweise eine Kabeldose für ein Bremskabel? Waren sog Solenoid-Bremsen für den Beiwagenbetrieb um 1900 schon gebräuchlich oder wurden die Beiwagen damals noch mechanisch von Hand gebremst? (CR)

Erfolgreiche „Kleine Bahn ganz groß“ in Plauen

Die Veranstaltungsreihe fand am 25. und 26.05.2024 bereits zum dritten Mal in Plauen statt und ist dort bereits nach 2006 und 2014 erneut zu einem Besuchermagneten geworden. Es war zugleich die Auftaktveranstaltung für das Jubiläum „130 Jahre Plauener Straßenbahn“, wobei der KT4D Nr. 216 extra eine Werbeaufschrift für die Veranstaltung “Kleine Bahn – ganz groß” erhalten hatte; (siehe Foto).

44 Aussteller, davon 20 Vereine und organisierte Gruppen, 14 private Personen und Gruppen, neun Firmen / Händler und auch ein ausländischer Mitwirkender auf einer anderen Vereinsanlage wirkten mit und zeigten ihr großes Können im Modell-Bahn- und Anlagen-Bau. Es waren wieder erneut über 200 Mitwirkende, wobei es auch viel Neues zu entdecken gab.

Der eine Aussteller entwickelt Gleismaterialien, der andere verfolgt den lang bewährten Analogbetrieb, andere schwören auf die digitale Steuerung. Einige Aussteller bauen Stadtteile nach Vorbild nach, andere erdenken sich eine Traumwelt. Wieder andere Freunde entwickeln neue Fahrzeuge im Miniaturformat. So stellten die Freunde vom Traditionsverein der Plauener Straßenbahn die Entwicklung von einem KT4D im 3-D-Druck vor. Ein großes Dankeschön geht dabei auch an alle Aussteller, die von Anfang an dabei sind und immer “zur Stange” gehalten haben. Als neue Austeller durften wir u. a. den Modellbahn-Klub aus Budapest, dier Firma Desk Top Locomotive sowie Rico Prutsch begrüßen.

1850 Besucher folgten dem Ausstellungsangebot über die Werbung und Termininformationen in den Fachzeitschriften, der örtliche Presse, den Werbungen auf anderen Veranstaltungen sowie auch den Veröffentlichungen auf den unterschiedlichen digitalen Wegen. Dies war ein hervorragendes Ergebnis.

Samstag und Sonntag gab es für alle Mitwirkenden einen extra eingerichteten Shuttle-Verkehr. Auch der Ausstellerabend war ein Höhepunkt. Bei einer sehr schön erklärten Stadtrundfahrt konnten beim Halt unseres Fahrzeugkorsos schöne Fotos erhascht werden, wobei wir auch den Traditionstriebwagen der Regensburger Straßenbahn zu Gesicht bekamen, der weiterhin in Plauen zu Gast ist.

Nochmals ein herzliches Dankeschön an die Freunde des Traditionsvereines und die Mitarbeiter des Verkehrsunternehmens sowie auch an den Bürgermeister und an die Mitarbeiter der örtlichen Festhalle. Die nächste „Kleine Bahn ganz groß“ findet am 31.05. und 01.06.2025 in der „Alten Dreherei“ in Mülheim an der Ruhr statt. (JP / AL)

Neues von den MVB

Eigentlich sollte am 05.08.2024 mit dem Ende der großen Schulferien bis auf die Fortsetzung der Baumaßnahmen auf dem Hasselbachplatz wieder weitgehend Normalität im Streckennetz der MVB einkehren, worüber auch die „Volksstimme“ am Freitag, dem 02.08.2024 ausführlich berichtetet hatte. Nur einen Tag später wurden jedoch diese Aussagen wieder revidiert, da sich die Fertigstellung der Baumaßnahmen zur Herstellung des neuen Gleisdreiecks an der Einfahrt zum MVB-Betriebshof Nord zeitlich verzögert hatten: Fazit: Für die Wartung der Fahrzeuge steht mit Erscheinen dieser Ausgabe vorübergehend nur der Betriebshof Südost mit einer maximalen Kapazität von 50 Zügen zur Verfügung, wobei jedoch im täglichen Auslauf lt. Regelfahrplan etwas mehr als 70 Züge benötigt werden. Dies bedeutet, dass eine Woche länger nach Ferienfahrplan mit einem 15-Minuten-Grundtakt (anstatt aller 10 Minuten) gefahren werden muss.

Glücklicherweise konnten jedoch die Arbeiten der Städtischen Werke auf der Großen Diesdorfer Straße sowie die noch erforderlichen Nachlaufarbeiten auf der im letzten Jahr wiedereröffneten Strombrücke pünktlich bis zum Ende der großen Schulferien planmäßig abgeschlossen werden. Dafür stehen jetzt weitere Gleisbauarbeiten auf der Halberstädter Straße sowie auf dem Nordbrückenzug an, die teilweise auch unter laufendem Betrieb durchgeführt werden sollen.

Die Feierlichkeiten zum 125-jährigen Bestehen der „Elektrischen“ waren für den Monat Juli wegen der zahlreichen Baumaßnahmen zunächst abgesagt worden. Sie sollen jetzt jedoch am Sonnabend, dem 21.09.2024 mit einer Festveranstaltung auf dem Willy-Brandt-Platz nachgeholt werden, wobei auch der erste „Flexity“-NGT von der Fa. Alstom öffentlich vorgestellt werden soll. Die Serienlieferung dieser insgesamt 35 bestellten Fahrzeuge soll ab 2025 beginnen.

Nach Abschluss der HU wurde zuletzt NGT8D Nr. 1353 wieder im Einsatz beobachtet. (CR)

Terminvorschau 2024

Unsere aktuell geplanten Termine und Ausstellungen für das Jahr 2024 finden Sie in unserer Terminvorschau.


Das Infoblatt erscheint im Auftrag des Vorstandes der Magdeburger Straßenbahnfreunde e. V.

Textbeiträge / Druck und Gestaltung: C. Rudhard (CR), J. Puchert (JP), André Ludwig (AL, aus Plauen), M. Menz (MM).