Hauptsache eine Anlagengrundplatte!
Mitte der 80er Jahre beschaffte ein Vereinsfreund zwei Wabenkernplatten in der Größe von 0,60 x 2,45 m für den Neubau einer TT-Anlage mit dem Motiv der elektrischen Nebenbahn LichtenhainCusrdorf. Auf einer der beiden Platten entstanden dann tatsächlich Bahntrasse und Landschaft. Ein Weiterbau unterblieb allerdings. Erst Anfang der 90er Jahre fand sich dieses Plattenteil plötzlich beim Aufräumen wieder. Da es (aus der damaligen Sichtweise) zum Wegwerfen einfach zu schade war, wurde kurzerhand der Entschluß geboren, darauf eine eingleisige Straßenbahntrasse aufzubauen. In Nachbarschaft zu dem bereits fertiggestellten „Schönebeck“Teil bot die eingleisige Strecke durch Frohse dafür ein willkommenes Motiv. Allerdings war die etwa 4 cm dicke Wabenkernplatte für ein solches Projekt die wohl ungünstigste Ausgangsbasis, die man sich denken kann, da die erforderlichen Vertiefungen in der Landschaft (für Wasserlauf und Hafenbecken) in der bestehenden Platte nicht hergestellt werden konnten. Außerdem fehlte unterhalb der geschlossenen Platte ein entsprechender Freiraum zur Unterbringung der Weichenantriebe, Steuerkabel und Drähte. Da sich in unseren Lagerbeständen mehrere (noch brauchbare) Sperrholzplatten und Kanthölzer befanden, wurde schließlich die Idee entwickelt, einen aufgeständerten Rahmen zu bauen, der sich auf die tragende Wabenkernplatte abstützen sollte. Diese Konstruktion war etwa mit einem Geigenkasten vergleichbar, wobei das Oberteil klappbar gestaltet wurde, um somit eine gute Zugänglichkeit für die elektrischen Einrichtungen unterhalb der Fahrbahnplatte zu gewährleisten. Bei einer optimalen Platzausnutzung bietet selbst ein nur 60 cm breites Anlagenteil genügend Räume für den Aufbau einer eingleisigen Straßenbahntrasse, ohne dabei überladen zu wirken. So konnten neben der Ortsdurchfahrt von Alt Frohse auch Teile des Hafens mit einer Kranbahn sowie eine funktionstüchtige Hafenbahn nachgebildet werden.
Bei einem weitgehenden Verzicht auf rechte Winkel und unter Ausnutzung aller Randbereiche entstanden die Gebäude zum Teil in Halbreliefbauweise. Auch unkonventionelle Gebäudelösungen (z.B. Vorderseite Wohnhaus / Rückseite Kleinlokschuppen) wurden unter diesen Gesichtspunkten realisiert. Man muß nur Mut zu solchen Lösungen haben beim großen Vorbild gibt es zum Teil auch die unmöglichsten Kombinationen. Während der Festlichkeiten zum 100-jährigen Bestehen des Eisenbahn-Ausbesserungswerkes Magdeburg-Salbke im September 1995 konnte das „Frohse“-Teil zum ersten Mal der Öffentlichkeit präsentiert werden und setzte dort sowohl durch das nicht alltägliche Motiv „Straßenbahn und Hafen“, als auch durch die sehr detaillierte und teilweise unkonventionelle Anlagengestaltung positive Akzente. Besonders hervorzuheben: Das Vorbild „Schönebeck-Frohse“ wurde von den Besuchern auch ohne ausdrückliche Hinweise als solches wiedererkannt, obwohl die letzte Fahrt einer Straßenbahn in diesem Vorort inzwischen mehr als 25 Jahre zurück lag. Allerdings konnte der Fahrbetrieb während der ersten Ausstellung noch nicht so recht befriedigen, da der Einsatz von vorwärts und rückwärts fahrenden Solotriebwagen auf dem benachbarten „Schönebeck“-Teil (Rundkurs) zu betrieblichen (und elektrischen) Behinderungen führte. Soll nämlich ein Wagen rückwärts fahren, so muß zwangsläufig die Stromrichtung am Fahrregler umgedreht werden, was dann folglich dazu führt, daß alle anderen Wagen auch rückwärts fahren. Solche Probleme lassen sich natürlich durch geeignete elektrische Schaltungen lösen, wenn man die Elektrik von vorn herein dementsprechend ausrichtet.
Wir bauten ein Gleisdreieck.
Vom Herrenkrug bis nach Schönebeck und wieder retour legen die kleinen Straßenbahnen immerhin eine Fahrstrecke von rund 20 Metern zurück. Multipliziert mit dem Modellbahnfaktor 87 (Maßstab 1:87) der Nenngröße H0 ergibt dies immerhin 1740 (Vorbild) Meter, was etwa der Fahrstrecke vom „Karstadt“ bis zum Hasselbachplatz und wieder zurück entspricht. Unsere Modellbahnanlage ist also von der großen Wirklichkeit gar nicht so weit entfernt, wenn man einmal bedenkt, daß es beim Vorbild schon weitaus kürzere Linien (z. B. bei Baustellen) gegeben hat.Dennoch zeigt sich hier ein grundsätzliches Problem, müssen doch alle Züge die Strecke vom Herrenkrug bis nach Schönebeck in ihrer voller Länge durchfahren und dabei jeweils den langen eingleisigen Abschnitt im Ortsteil Frohse passieren. Mit dem Abzweig Brauereiist zwar eine Streckenverzweigung vorhanden, doch läßt diese leider nur ein Befahren in der Relation von und nach Schönebeck zu. Um die Zweigstrecke vom Herrenkrug aus zu erreichen, hätte dieser Abzweig eigentlich genau seitenverkehrt aufgebaut werden müssen, doch wer dachte Mitte der 90er Jahre schon daran, welche Größenordnung unsere Modellbahnanlage nach der Jahrtausendwende einmal erreichen würde.
Als es im Frühjahr 2001 darum ging, das BrauereiTeil auf die doppelte Plattengröße von 1,20 x 1,20 m zu erweitern, wurden bereits Stimmen laut, die eine Verlegung der Abzweigweichen auf die Herrenkrugseite oder gleich den Bau eines Gleisdreieckes (durch Einbau einer zweiten doppelgleisigen Verbindungskurve) forderten. In Anbetracht der vorhandenen Gleisgeometrie sowie im Hinblick auf die festgeschriebenen Rastermaße an den Plattenübergängen wäre dies jedoch nur mit einem tiefgreifenden Umbau zu realisieren gewesen, der de facto einem Neubau gleichgekommen wäre. Da dieses Plattenteil (wie auch das sog. Eckteil) lediglich auf eine einheitliche Systembreite von 1,20 m gebracht werden sollte dies war Grundvoraussetzung für den Neubau der beiden FrohseTeile in der Breite von 1,20 m wurde auf solche „Experimente“ von vorn herein verzichtet, was am Ende auch eine richtige Entscheidung war. Schließlich soll „gut Ding“ bekanntlich „Weile“ haben oder anders gesagt: Ein Anlagenteil mit einer relativ komplizierten Gleisführung, das zudem betrieblich nicht gerade einfach zu beherrschen ist, erfordert in jedem Falle eine ausgereifte Planung, verbunden mit dem Ziel, einer möglichst optimalen Lösung. Bereits in der Aufbauphase der neuen FrohseTeile war allen Beteiligten klar, daß die rund 3,50 m lange eingleisige Strecke hinsichtlich der möglichen Zugfolge auf der Gesamtanlage zum „Maß aller Dinge“ werden würde. Während der Ausstellung im November 2001 in Sudenburg zeigten sich die zu erwartenden Kapazitätsgrenzen in der Durchlaßfähigkeit der Strecke dann auch recht deutlich, wenngleich dies auf den positiven Gesamteindruck der Anlage glücklicherweise keinen nennenswerten Einfluß hatte.
Der Bau eines Gleisdreieckes nach Fertigstellung der beiden Frohse-Teile steht deshalb bereits seit längerer Zeit als nächste größere Baumaßnahme auf dem Programm und soll noch in diesem Jahr begonnen werden. Nach zum Teil recht emotional geführten Diskussionen, fiel die Entscheidung schließlich zugunsten des Dreieckes Turmschanzenstraße / Brückstraße aus, wobei folgende Prämissen den Ausschlag gaben:
· gemäßigte Stadtlandschaft ohne erdrückende Bebauung (mit Rücks. auf die nebenl. Anlagent. Herrenkrug, Frohse u. Betriebshof SO)
· Auflösung gerader Linien und rechter Winkel durch eine weitgehend geschwungene Gleisführung;
· Vermeidung größerer Freiflächen im Anlagenvordergrund unter Einbeziehung landschaftlicher Gestaltungselemente;
· Optimale Betriebsführung und Betriebssicherheit.
Der vorläufige Gestaltungsvorschlag sieht dabei das Ostufer der Alte Elbe im Anlagenvordergrund, womit die Gleisfigur des eigentlichen Gleisdreieckes und die städtische Randbebauung für den Betrachter in den Hintergrund treten. Alle drei Zulaufstrecken verlaufen dabei im leichten Bogen und treffen sich in Plattenmitte etwa im Winkel von 120 Grad. Damit entfällt zugleich eine durchgehende Gleisführung parallel zur vorderen Plattenkante. Der bisherige BrauereiAbzweig soll nach Fertigstellung des Gleisdreieckes dann hinter Schönebeck eingefügt werden. Über den weiteren Planungs und Baufortschritt werden wir zu gegebener Zeit natürlich an dieser Stelle berichten.
Im Fahrbetrieb kamen zunächst überwiegend LOWA, KSW und Aufbauwagen unterschiedlicher Hersteller aus den privaten Sammlungen unserer Vereinsfreunde zum Einsatz. Heute verkehren dagegen vornehmlich Fahrzeuge nach Magdeburger Vorbild, so u.a. auch die bekannten Vorortbahnwagen, die einst auf der Schönebecker Linie zu Hause waren. Der Betrieb wird dabei über eine reine Handschaltung (ohne Automatik) abgewickelt, was sich in der Praxis übrigens ausgezeichnet bewährt hat.Die anfangs erwähnten Baufehler sollten sich in der Folgezeit allerdings noch bitter rächen, so daß zur Schadensregulierung im Zeitraum 1999/2000 nur der komplette Neubau von Anlagenrahmen und Gleisanlage infrage kam. Allerdings wurden alle Straßen und Gebäude anschließend wieder in alter Lage aufgebaut, so daß der „Ersatzneubau“ heute kaum von dem Erstlingswerk aus der Nachwendezeit zu unterscheiden ist.